„Für kleine Schlachthäuser wird es immer schwieriger“
Grenz-Echo Bericht von Petra Förster 11.03.2020 - Fotos georg Schmitz
Die Metzgerei Michels in Recht hat eine über 100 Jahre lange Geschichte. Reinhold und Karin Dannemark-Michels führen den Betrieb in der vierten Generation. Sie sind die einzige Metzgerei in der Region, die über eine EU-Zulassung für die Schlachtung im Privatschlachthaus verfügen. „Es ist ein großer Aufwand, aber ich würde es auf jeden Fall wieder so machen“, sagt Reinhold Dannemark.
Ein Rind pro Woche wird in der Bergstraße angeliefert. „Die Tiere sterben ohne Stress“, sagt Reinhold Dannemark.
Seit 30 Jahren leitet das Ehepaar den Betrieb in der Bergstraße in Recht. Reinhold Dannemark steht kurz vor seinem 60. Geburtstag, seine Frau Karin ist ein Jahr jünger. Noch ist der Ruhestand nicht greifbar, aber so langsam denken sie daran. „In den letzten Jahren haben wir schon ein bisschen zurückgefahren“, sagt Karin Dannemark. Die Aktivitäten für den Großhandel, wo es übrigens sehr strenge Auflagen gibt, wurden deutlich reduziert.
Die anstehende Renovierung und Vergrößerung der Geschäftsräume wurde zurückgestellt und soll den potenziellen Nachfolgern überlassen werden, damit diese sie nach eigenen Wünschen gestalten können.
Die Zukunft des Betriebes steht im Moment noch in den Sternen.
Die beiden Kinder des Paares werden den familiär geführten Betrieb nicht übernehmen: „Unser Sohn ist im Baufach tätig, die Tochter lebt in München“, sagt Karin Dannemark. Noch steht die Zukunft des Betriebes also in den Sternen. Aber das Paar hofft sehr, einen Nachfolger zu finden.
„Ich würde mich immer wieder dafür entscheiden“, sagt Reinhold Dannemark über seinen Beruf. Er ist mit Leib und Seele Metzger und liebt es, sein eigener Chef zu sein. Und für eine Sache würde er sich auch immer wieder entscheiden: die eigene Schlachtung im Privatschlachthaus. „Früher gab es noch einige private Schlachthäuser in der Region“, blickt er zurück.
„Heute sind wir die einzigen, die übrig geblieben sind.“ Als Ende der 1990er Jahre die sogenannte EU-Zulassung beantragt werden musste, sind viele Metzger vor den administrativen Auflagen und Kontrollen zurückgeschreckt und haben die eigene Schlachtung eingestellt.
„Ja, wir könnten es tatsächlich einfacher haben“, sagt Reinhold Dannemark. „Aber es ist unsere Philosophie“, sagt er auch. „Wir wollen es nicht anders.“
Wöchentlich werden in der kleinen Schlachterei ein Rind und etwa 15 Schweine verarbeitet. „Die Tiere kommen aus der Region und sterben ohne Stress“, erklärt Reinhold Dannemark zwei Aspekte, die ihm wichtig sind. Rinder bezieht er seit Jahrzehnten aus Breitfeld, Schweine von einem Landwirt aus Poteau. „Wir kennen die Tiere und ihre Herkunft“, sagt er.
Im Geschäft macht seine Frau Karin die Erfahrung, dass dies den Kunden sehr wichtig ist und viele einen Umweg in Kauf nehmen, um genau aus diesem Grund bei Michels einzukaufen. Immer öfter fragen Kunden auch danach, wie die Tiere sterben. Die Schweine werden bewusst einen Tag vor der Schlachtung nüchtern gehalten.
„Sie laufen dann von alleine in den Transporter, weil sie hungrig sind“, erklärt der Metzger. Im Schlachthaus angekommen, werden sie mit einem Stromschlag getötet. Auch bei den Rindern wird darauf geachtet, dass keine Hektik entsteht, wie es zum Beispiel in einem größeren Schlachthof der Fall sein kann. Für Reinhold Dannemark ist dies nicht nur eine moralische Entscheidung, sondern auch eine qualitative.
Sechs Mitarbeiter sind in Produktion und Verkauf beschäftigt.
„Die Fleischqualität ist einfach besser, wenn das Tier keinen Stress hatte“, sagt er. Ein Grundsatz in der Metzgerei Michels ist, dass nur das in die Ladentheke kommt, was sie auch selber essen würden. „Wir kennen unsere Produkte und wissen, wie sie schmecken“, sagt Karin Dannemark. Bis auf wenige Ausnahmen werden alle 60 Wurstsorten in der eigenen Produktionsstätte hergestellt. Sechs Mitarbeiter sind in Produktion und Verkauf beschäftigt, die meisten schon seit vielen Jahren. Sie gehören mittlerweile fast zur Familie, sodass „der Chef und die Chefin“ ihnen den Betrieb mittlerweile vorübergehend mit gutem Gewissen überlassen, um ihren Jahresurlaub zu machen. „Wir sind sehr stolz auf unsere Mitarbeiter“, sagen sie.
In den drei Jahrzehnten, in denen sie mittlerweile im Beruf sind, hat sich so einiges geändert. Kamen die Kunden früher einmal pro Woche und deckten den Bedarf für mehrere Tage, so springen sie jetzt eher mal schnell am Abend herein, um etwas für das Abendessen zu besorgen. Auch wenn der Fleischkonsum generell rückläufig ist, gehört für viele „das Stück Fleisch“ immer noch dazu. „Das ist vielleicht anders als in der Stadt“, erklärt Karin Dannemark.
„Wir verkaufen noch sehr viel Frischfleisch“ – wenn es auch nicht mehr der Sonntagsbraten ist. Generell gehe der Trend in Richtung Fertiggerichte und so hat sich auch das Berufsbild dahingehend geändert, dass immer mehr Mahlzeiten vorbereitet werden. Ver ändert hat sich allerdings auch der Verwaltungsaufwand: „Ein Geschäft per Handschlag, das geht heute gar nicht mehr“, bringt Reinhold Dannemark es auf den Punkt und erinnert an die vielen Stunden, die er mittlerweile am Computer sitzt. „Das kostet viel Kraft und Energie“, sagt er. „Daran muss sich etwas ändern, sonst tun sich junge Leute immer schwerer, sich zu investieren.“
Die strengen Auflagen stehen für ihn im direkten Gegensatz zu dem, was auch die Politik eigentlich gerne propagiert: kurze Wege, regionale Erzeuger, Förderung des Handwerks.
Sehr würden er und seine Frau sich wünschen, dass es den kleinen Betrieben etwas leichter gemacht wird und sie einen Nachfolger finden, der ihre Philosophie fortführt. „Für kleine Schlachthäuser wird es immer schwieriger. Und so geht das Handwerk über kurz oder lang verloren.“